Mia und das Schneemännlein © Elke Bräunling
Mia blickt in den Winterhimmel und träumt. Sie träumt weiß. Von Schnee nämlich. Noch nie hat Mia so recht einen echten
Schneewinter erlebt. Den kennt sie nur aus Büchern und aus dem Fernseher.
"Ich will auch Schlitten fahren, einen Schneemann bauen und eine Schneeballschlacht machen, ruft sie zum Himmel
hinauf.
Ihre Eltern aber sagen: "Es ist zu warm für Schnee. Früher, ja da war alles ganz anders."
Wie anders? Traurig blickt Mia zu der dicken Wolke hinauf.
"Bring Schnee!" ruft sie.
"Geht nicht!" antwortet es von der Wolke, und ein Männlein, das wie ein klitzekleiner Schneemann aussieht,
hüpft von der Wolke und landet vor Mias Füßen.
"Willi Schnifix ist mein Name!" sagt es und verbeugt sich. "Ich bin ein Ururgroßnachneffe des
Schneekönigs."
"Es gibt keinen Schneekönig", sagt Mia. "Schon gar nicht gibt es kleine Männlein, die von Wolken hüpfen,
und Ururgroßnachneffen sind!"
"Hihi", kichert Willi Schnifix. "Mich soll´s nicht geben? Ha! Da zwick mich doch gleich einer am Bauch!
Siehst du? So! Aua! Huhu! Das tut weh! Du siehst, mich gibt es. Hab ich doch gleich gesagt, und überhaupt, wie kann...?"
Das Schneemännlein redet und redet und scheint gar nicht mehr damit aufzuhören.
Mia wird ganz schwindlig. Schnell schließt sie die Augen.
Erst als Willi Schnifix seinen Redeschwall beendet, blickt sie wieder auf.
Was aber ist passiert? Wo ist sie? Sie ist ja auf einmal in einem fremden Land! Mia staunt.Schnee! Überall liegt Schnee!
"Toll!" freut sie sich. "Wo sind wir?"
"Im Schneeland", antwortet Willi Schnifix. "Wo sonst? Du wolltest doch Schnee! Oder wie oder was?"
"Stimmt!” Mia blinzelt.
Hell glitzern Schnee und Eis im Sonnenlicht, und am Himmel hängt über einem dunklen, kreisrunden See eine dicke Wolke.
"Schön", sagt Mia. "Nur der paßt irgendwie nicht hierher."
"Das ist der dunkle Schneesee", anwortet Willi Schnifix. "Hast du noch nie vom ihm gehört?"
Mia schüttelt den Kopf. Dann stapft sie zum See hinüber.
Da, auf einmal, hört sie Musik! Wie von weit weg tönt sie durch die Eisluft. In ihrem Takt steigen Wassertropfen aus dem
Schneesee. Sie spiegeln sich im Licht, werden weiß und weißer und verschwinden in der Wolke.
"Das sind Schneeflockensterne!" erklärt Willi. "Sie sammeln sich in der Wolke."
"Toll!" staunt Mia "Und woher kommt die Musik?"
Willi kichert. "Die Wintergeister feiern ihr Fest. Hoch geht es da her, denn alle feiern mit: der Schneekönig,
seine Prinzessinnen, die Eisgrafen, Reiffürsten, Kristallzwerge, Eisblumenelfen und Flockengeister. Sie feiern, bis alle Wolken ihren Schneeflockenvorrat aus dem Schneesee gesammelt haben. Dann brechen sie auf zur
Erde."
"Und dann schneit es?" fragt Mia.
Willi Schnifix nickt. Dann kichert er wieder."Manchmal aber, hihi, feiern sie so ausgelassen, daß sie das Schneien
vergessen. Dann bleibt der Winter auf der Erde aus."
"Schneit es deshalb bei uns nicht?" fragt Mia.
"Na ja, oft haben wir Wintergeister auch keine Lust, die Erde zu besuchen. Zu schmutzig ist es an manchen Orten und
zu warm. Wärme und Schmutz aber mögen wir nicht leiden!"
"Schade", sagt Mia und stellt sich vor, wie unwohl sich ein schwitzender, schmutziger Wintergeist fühlen
mochte.
Währenddessen ist die Schneewolke dick und dicker geworden. Sie zieht zu Mia und Willi herüber.
"Spring auf!" ruft Willi.
"Au ja!" Schnell hüpft Mia mit Willi auf die Wolke.
Ein aufregender Wolkenritt beginnt, und Mia bewundert die Landschaft mit ihren Abermillionen weißer, glitzernder
Schneesternchen. "Wie in meinen Bilderbüchern", freut sie sich. "Hoffentlich schneit es bei uns auch bald!"
Da fängt die Wolke an zu schneien. Sie wird klein und kleiner, und dann -schwups- purzelt Mia durch die Luft. Sanft
landet sie im Garten mitten im Sandkasten.
Mia schüttelt sich. "Willi, wo steckst du?"
Ihr neuer Freund aber ist verschwunden. Komisch, denkt Mia. Hab ich alles nur geträumt?
Prüfend blickt sie zum Himmel hinauf. Da ist die Wolke von vorhin! Mia schnuppert. Es riecht nach Schnee! Wirklich!
Vielleicht schneit es ja doch noch?
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